Schon fast ein Jahr Corona-Pandemie.

Ich stelle fest, dass Vieles in diesen Zeiten überflüssig geworden ist: zum Beispiel das kleine Schwarze, in das ich sowieso nicht mehr reinpasse oder meine edlen Stilettos – die Steh- und Sitzschuhe für den Theater- oder Restaurantbesuch, die ich im Ernstfall ganz neu ausbalancieren muss.
Aber auch ganz Alltägliches: mein roter Lippenstift!
Ich habe nur noch ein Notexemplar in der Handtasche, das ich hektisch hervorkrame, wenn ich höre, dass sich meinem abgelegenen Büro Schritte nähern.

Ja, wir alle haben uns mehr oder weniger an das Tragen einer schützenden Mund- und Nasenbedeckung gewöhnt, aber hier im Büro darf ich die Maske kurzzeitig ablegen.
Ein Blick in den Spiegel deprimiert mich. Irgendwie blass und ausdruckslos komme ich mir vor.
Aber was soll´s! Sobald ich das Büro verlasse und im Gebäude herumlaufe, trage ich sie eh wieder,
meine Maske.
Im Grunde kann ich mir die ganze Schminkerei sparen.

Und beim Einkaufen? Da vermisse ich die Herzlichkeit der Menschen, die Mimik und das offene, strahlende Lächeln.
Beim Betreten des Ladens versuche ich schon herauszufinden, ob ich andere Besucher erkenne. Manchmal muss ich bei dem Maskeneinerlei schon zweimal hinschauen. Und dann nehme ich Blickkontakt auf… BLICKKontakt! Jetzt hab ich´s!
Das ist DIE Möglichkeit, um auf sich aufmerksam zu machen. Außer mit dem Wollmantel von Boss oder der Tasche von Gucci.

Daaarum finde ich im Drogeriemarkt meines Vertrauens in der letzten Zeit so viele Schminkutensilien
rund um´s Auge: Augenbrauenstifte, Wimpernseren, Wimperntusche und für den Extremfall falsche Wimpern, Kajal, Eyeliner, Lidschatten – sogenannte Cream and Powder Eyeshadows – in sämtlichen Regenbogenfarben und gleich in dreireihigen Paletten.

Ja klar, wenn das doch die einzige Möglichkeit ist, sich zu präsentieren und direkt an Ort und Stelle
kontaktlose Kontakte zu knüpfen!
Da hat doch schon eine ganze Industrie darüber nachgedacht, wie man die Augen zum Strahlen bringen kann, und zwar noch schneller als ich!

Bad Hair

Wenn ich das weiß, bin ich beruhigt und kann mich gleich meinem nächsten Problem widmen:
Meinem munter vor sich hin wachsenden Haupthaar, das in Anbetracht der geschlossenen Friseursalons während der diversen Lockdowns nicht mehr rechtzeitig in Form gestutzt werden konnte, weil ich keinen freien Termin mehr ergattert habe.

Bis zum nächsten Friseurbesuch schau ich mich mal im Drogeriemarkt bei den Haarfarben um und greife zuhause zu Kamm, Schere und Youtube-Videos….

Autor: Gabi Niedermeier