Eine berufliche Karriere im eigenen Ausbildungsbetrieb – vom Azubi zum Geschäftsleiter – ist heutzutage selten geworden.
Ich will wissen, wie sowas geht. Wie sind solche Menschen gestrickt, die es „geschafft“ haben?

An einem regnerischen Donnerstagvormittag besuche ich Günther Bernreiter, Vorstandssprecher und seit 9 Jahren Vorstandsmitglied der VR GenoBank DonauWald, in seinem Büro.
Seit 1989 ist die jetzige VR GenoBank sein zweites Zuhause. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn die Bank hat in seinem Leben in den letzten 30 Jahren einen hohen Stellenwert eingenommen, wie er mir später erzählen wird.

Freundlich werde ich hineingebeten. Da ist keine beklemmende Distanz zu spüren, die man oft bei Führungskräften vermutet, sondern es herrscht eine offene und herzliche – aber ruhige – Atmosphäre.
Überhaupt strahlt Günther Bernreiter innerliche Stärke und Zuversicht aus. Wahrscheinlich ein Vorteil in diesem Metier.

Nach kurzem Smalltalk und meiner Frage, wie eigentlich alles begonnen hat, versichert er, dass er schon als Azubi Spaß am Lernen und an Weiterbildung hatte.
Die für ihn logische Konsequenz war der Besuch etlicher Fachseminare und im Lauf der Zeit der Erwerb immer anspruchsvollerer Qualifizierungen und mehrerer Studienabschlüsse. Es blieb natürlich nicht bei der „grauen Theorie“, sondern parallel ging die „Basisarbeit“ in der Bank weiter – der enge Kontakt und Austausch mit Kunden, Kolleginnen und Kollegen und damit auch die Anwendung des Wissens, das er sich erworben hatte.
Er entwickelt eine Leidenschaft für das Haus, die Kunden, die Mitarbeiter…. Es ist ihm wichtig, immer mit einer positiven Grundeinstellung an die Aufgaben heranzugehen und die Menschen mitzunehmen, zu begeistern.
Von Anfang an überzeugt und beeindruckt ist er von der Genossenschaftlichen Idee, die seit über 200 Jahren eine starke Gemeinschaft zwischen Kunden und Mitarbeitern fördert und die er als einzigartig und etwas Besonderes ansieht. Diese Begeisterung kann ich in seinen Aussagen spüren.

Günther Bernreiter beobachtet aufmerksam, wie ich mir Stichpunkte notiere.

Welche Intention war eigentlich ausschlaggebend für den letzten Karrieresprung – zum Vorstand?

Er schildert den Wunsch, mitzugestalten, die Bank zukunftssicher aufzustellen, die Region vorwärtszubringen, die Menschen auf ihrem finanziellen Lebensweg aktiv zu begleiten, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein. Wertschätzend äußert er sich über die Mitarbeiter: „Sie sind der Kern eines Unternehmens“.

Unerlässlich sei für ihn eine grundsätzliche Veränderungsbereitschaft, es zähle nicht nur, „Altes“ zu bewahren, sondern sich im Gegenzug auch stets an das „Neue“ heranzuwagen.

Ich frage ihn, ob es ein offizielles oder insgeheimes „Motto“ gibt, an dem er sich in seinem Arbeitsleben orientiert.

Er verneint dies, bemerkt jedoch, dass ihn in einer TV-Werbekampagne der Volks- und Raiffeisenbanken der Leitspruch des ehemaligen Fußballtrainers Dettmar Cramer sehr beeindruckt hat: „Solange besser möglich ist, ist gut nicht genug!“

Zunächst überlege ich, ob diese Aussage etwa auf vorhandenen Ehrgeiz hindeutet. Nein – eher auf Zielstrebigkeit, verbunden mit Emotionalität – korrigiere ich mich.

Dazu passt dann auch die Bodenständigkeit, die Verbundenheit mit der Heimat, die ich im Gespräch immer wieder heraushöre.

Was macht eigentlich ein Vorstand, der täglich mit Zahlen, Strategien und Konkurrenz zu tun hat, in seiner Freizeit?

Außer, Zeit mit seiner Familie zu verbringen, natürlich das Gegenteil von Sitzen – alles, was mit Bewegung und Natur zu tun hat: Mountainbiken, Skating, Wandern….
Und so manches Mal, verrät mir Günther Bernreiter, hatte er bei Spaziergängen in der Natur – wenn die Gedanken fließen können – richtig gute Einfälle und Ideen, die er gleich mit ins Büro nahm.

Und damit schließt sich der Kreis wieder: Vorstand ist man nicht nur von 08:00 Uhr bis 17:00 Uhr, sondern immer – idealerweise „brennt“ man für seine Arbeit, ist fokussiert und mit Leidenschaft dabei.
Notfalls auch in der Freizeit.

Ich bedanke mich, nehme mein Schreibzeug und werfe noch einen kurzen Blick aus dem Fenster.
Es hat aufgehört zu regnen.

Autor: Gabi Niedermeier